oose.
📅 Entdecke unsere MeetUps: Regelmäßige, kostenfreie Vorträge zu all unseren Themen! ✨
Deutsch

Wie funktioniert Design Thinking?

Blog offline

Dieser Artikel stammt aus unserem Blog, der nicht mehr betreut wird. Für Neuigkeiten zu oose und interessante Inhalte zu unseren Themen, folgt uns gerne auf LinkedIn.

Nachdem ich in einem vorigen Blogbeitrag beschrieben habe, was Design Thinking ist, möchte ich nun darauf eingehen, wie Design Thinking abläuft. Ganz grundsätzlich handelt es sich um einen iterativen Zyklus, der aus mehreren Schritten besteht, die ich nun der Reihe nach erläutere.

Die richtige Herausforderung formulieren und Betrachtungsfeld festlegen

Der Design Thinking-Prozess geht bereits ganz zu Beginn etwas anders an das gegebene Problem heran. Probleme werden oft derart mit irgendwelchen Fakten begründet, als sprächen diese für sich – bereits dies wird in Frage gestellt. Der erste Schritt besteht also darin, erstmal die richtige Frage zu finden und zu formulieren. Was ist die tatsächliche Herausforderung, die zu bewältigen ist? Hierzu, wie auch für jeden der folgenden Schritte, kennt das Design Thinking bestimmte Techniken, die in diesem Überblick aber zunächst nicht weiter dargestellt und vertieft werden.

Neben der richtigen Frage bzw. Herausforderung, gilt es auch, die richtigen Stakeholder zu identifizieren und das Betrachtungsfeld, also den Problemraum von seinem nicht relevanten Umfeld abzugrenzen. Zum Feld gehören in jedem Fall der Auftraggeber, die von der Herausforderung Betroffenen, bspw. Benutzer eines Produktes oder einer Dienstleistung, Händler, Verkäufer, Unterstützer, Gegner ebenso aber ggf. auch Orte, Zeitpunkte oder Medien.

Das Feld erkunden

Jetzt kommt der Prozessschritt, in dem Empathie notwendig wird. Wir beginnen das Problemfeld möglichst frei von Wertungen und Standardurteilen einfach nur zu beobachten. Wie erleben die Betroffenen das Problem? Wie gehen sie damit um? Was sagen sie dazu? Was denken sie möglicherweise? Und was und warum sprechen sie bestimmte Sachverhalte nicht aus? Natürlich gehören auch Recherchen, die Sammlung von Fakten, Beispielen, Mustern etc. dazu. Wir gewinnen in diesem Schritt zahlreiche Einsichten und Erkenntnisse über den Problemraum. Wir erkunden den Problemraum und entwickeln neue Blickwinkel auf die Dinge. Und typischerweise lässt sich bereits der Problemraum ganz unterschiedlich auffassen. Es ergeben sich hier viele Varianten.

Eine synthetische Perspektive definieren

Aus dieser Variation, diesen vielfältigen Einsichten wählen wir einige aus. Einige mögliche Perspektiven auf das Problem betrachten wir nicht weiter, andere schon. Wir selektieren. Außerdem haben wir möglicherweise verschiedene Handlungs-, Reaktions- und Denkmuster erkannt oder Thesen über Zusammenhänge aufgestellt. Auch hier entscheiden wir, welche wir als nutzbringend und verfolgenswert erachten.

Die erkannten Muster sind bereits Zusammenfassungen und Abstraktionen von konkreten Beobachtungen. Wir versuchen diese noch weiter zu verdichten, zu abstrahieren und alle unsere Erkenntnisse über den Problemraum zu möglichst einer einzelnen Perspektive zusammen zu fassen. Also eine abstrakte, künstliche Sicht zu entwickeln, eine Synthese zu bilden. Hierzu gehört bspw. aus der Menge der konkreten Stakeholder eine künstliche, prototypische und exemplarische Person, eine so genannten Persona, zu destillieren und möglichst anschaulich zu beschreiben.

Damit ist die Erkundung des Problemraums erstmal abgeschlossen und und wir begeben uns nun wieder in die Variation, allerdings im Lösungsraum.

Ideen sammeln

Wir sammeln Ideen. Und zwar möglichst viele und möglichst wild. Kein Gedanke ist verboten. Verschiedene Kreativitäts- und Brainstorming-Techniken stehen uns hierfür zur Verfügung, wobei Design Thinking ganz wesentlich auf visualisierende, bspw. zeichnerische Formen setzt. Die simultane visuelle Darstellung der Ideen ist für viele ungewohnt und der Wert dieser Form wird zunächst meistens völlig unterschätzt.

Ideen auswählen und prototypisch konkretisieren

Aus der meistens großen Zahl von Ideen wird wiederum eine kleine Zahl selektiert, ggf. rekombiniert und prototypisch verfeinert, konkretisiert und ausgearbeitet.

Typischerweise ist Prototyping mit Lernen verbunden. In der konkreten Auseinandersetzung mit einer Lösungsidee gewinnen wir viele weitere und oft wichtige Erkenntnisse und neue Idee. Wir erkennen, dass und warum eine Lösung einen Haken hat, welche anderen Lösungsmöglichkeiten vielleicht noch existieren usw. Prototyping heißt auch, die Lösungsidee, den Prototypen in den Problemraum zu stellen und ihn im Problemfeld durch bestimmte Stakeholder erproben und ausprobieren zu lassen. Früh scheitern um eher erfolgreich zu werden ist Strategie beim Design Thinking. Oder wie Alberto Giacometti formulierte: "Je mehr ich scheitere, desto erfolgreicher bin ich".

Am Ende dieses Durchganges steht dann die wirkliche Entwicklung eines Produktes oder einer Dienstleistung, die verkauft wird. Im Prinzip geht der Zyklus dann wieder von Vorne los. Was wieder zu neuen Einsichten, anderen synthetischen Perspektiven und neuen Lösungsidee führen kann.

Überhaupt ist der Weg natürlich nie so geradlinig, manchmal ist es sinnvoll, hin und her oder vorzeitig zurück zu springen. Das hier gezeigte Bild dient lediglich zur grundsätzlichen Orientierung und Erklärung des Prozesses, ist jedoch in keiner Weise und niemals eine Vorgabe. Wesentlich sind aber immer die abwechselnden Phasen von Variation bzw. Divergenz auf der einen und Selektion/Konvergenz/Synthese auf der anderen Seite. Während der Lösungsraum noch ungenau und nur prototypisch gestaltet wurde, geht es nun schließlich um die fertige und wirklich sauber umgesetzte Lösung. Das Ergebnis wird jetzt nicht mehr wie die Prototypen von ausgewählten Stakeholdern, sondern vom Markt, von echten Käufern benutzt, was wiederum eine Lernschleife darstellt, die zu neuen Problemen und weiteren Lösungen führen kann.

Übrigens: Alle diese Prozessschritte sind kurze Timeboxen, d.h. werden in begrenzten und i.d.R. zu kurz empfundenen Zeitblöcken bearbeitet.

Die eigene kreative Kraft in der Kollaboration entdecken

Design Thinking benötigt außerdem Experten die eine sichere und hohe Kompetenz besitzen und gleichzeitig aber bereit sind, offen für umliegende Themen und andere Fachdisziplinen zu sein. Dorothy Leonard-Barton benutzte hierfür den Begriff "T-Shaped People", also T-förmige Menschen bzw. Mitarbeiter. Das sind Menschen, die disziplinübergreifend in die Breite gucken können und gleichzeitig in mindestens einer speziellen Disziplin ein Experte sind.

Gut ausgebildete und von der Organisation unterstützte Mitarbeiter sind eine Voraussetzung für effektives Design Thinking. Die Pluralität von Entwurfs-, Wissen- und Denkstilen, d.h. die multidisziplinären Teams sind neben dem Prozessmodell und der besonderen Arbeitsumgebung eine der drei Kernelemente des Design Thinking. Design Thinking erlaubt es uns und gibt uns den Rahmen dafür, die eigene kreative Kraft in der Kollaboration entdecken.

Zusammenfassend lässt sich auch sagen: Design Thinking ist ein iterativer, timebox-basierter Prozess und eine Sammlung von Techniken zur disruptiven Veränderung und Innovation von Produkten, Dienstleistungen und Organisationen durch empathische, multidisziplinäre und visualisierende Gestaltung.

Bernd Oestereich